In Libyen gibt es Sklavenhandel. Ein entsprechender Bericht von CNN geht seit einiger Zeit durch die globalen Medien, begleitet von einem erschütternden Video, das zeigt, wie ein Afrikaner für nur 400 Dollar versteigert wird. Die CNN-Geschichte stimmt natürlich, doch die Reaktionen darauf sind – besonders in Europa – irgendwie auch unehrlich. Denn von Sklavenhandel wussten wir schon sehr lange. Seit mindestens Anfang des Jahres sprach jeder UN-Bericht, jede Analyse unabhängiger Menschenrechtsorganisationen, vom Sklavenhandel mit Flüchtlingen in Libyen. Die Täter waren allzu oft: die lybischen „Behörden.“
Die Sklavenauktion aus dem CNN-Video fand übrigens in der Nähe von Tripolis statt, wo die „Einheitsregierung“ sitzt, die von der EU Millionenbeträge erhält, um Flüchtlinge wie jenen versteigerten Afrikaner davon abzuhalten, das Land zu verlassen.
Die Situation in Libyen klingt völlig wahnsinnig, aber sie ist einfacher zu verstehen, als man denkt. In diesem langen Beitrag für die „Blätter für deutsche und internationale Politik“ habe ich es versucht, nachzuzeichnen, wie wir an diesen Punkt gekommen sind.
Hier ist der Text online zu lesen:
https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2017/november/im-namen-der-demokratie-fluechtlingsabwehr-um-jeden-preis
Hier ein kleiner Ausschnitt:
Das alles war bekannt, während der von Mogherini skizzierte Plan stückweise in die Tat umgesetzt wurde. Im Februar dieses Jahres unterzeichnete Italien einen ersten expliziten Deal zur Flüchtlingsabwehr mit der libyschen „Einheitsregierung“, bei dem ausdrücklich von Aufnahmezentren die Rede war. Die übrigen europäischen Regierungen stimmten dem Abkommen zu und bewilligten weitere 200 Mio. Euro für den EU-Fonds für Afrika, um Libyen bei der „Kontrolle der Land- und Seegrenzen“ zu unterstützen. Priorität habe „Training, Ausrüstung und die Unterstützung der libyschen Küstenwache und anderer relevanter Behörden“. Dass der Plan erst diesen Sommer wirklich gegriffen hat – über ein Jahr nachdem Merkel ihn gefordert und Mogherini ihn ausgearbeitet hatte –, hat auch damit zu tun, dass es keine zentrale libysche Regierung gibt, sondern nur ein Netzwerk von Milizen, Warlords und Gangs, die zum Teil selbst in den Menschenschmuggel involviert sind. Dementsprechend schwierig gestalteten sich die Verhandlungen.
Aber: Genau der gegenwärtige Zustand ist seit über einem Jahr angestrebt worden. Und die ganze Zeit war völlig klar – für die Verantwortlichen, aber auch für die Öffentlichkeit, soweit sie interessiert war –, was die Konsequenzen sein würden. Es ist wichtig, das so banal festzustellen – und sei es nur, um der wieder und wieder vorgetragenen scheinheiligen Betroffenheit von Martin Schulz, Angela Merkel und Sigmar Gabriel etwas entgegenzusetzen.
Picture: Marc Imhoff of NASA GSFC and Christopher Elvidge of NOAA NGDC. Image by Craig Mayhew and Robert Simmon, NASA GSFC.